Am Tag vor ihrer Abreise glich die Stadt einem bunten Meer aus festlich geschmückten Häusern und Straßen. Überall hingen Girlanden und Wimpel, auf den Türmen der Akropolis wehte das königliche Banner und die Hauptstraße zwischen der Oberstadt und dem Großen Altar war mit Blütenblättern übersät. Krates war an diesem Morgen schon früh unterwegs, um mit Silanos nach einem Pferd Ausschau zu halten, auf dem ihn dieser bis nach Termessos begleiten konnte.
Natürlich hatten sie in den vergangenen Wochen wiederholt versucht, für ihn ein Pferd aufzutreiben, doch die angespannte Kriegslage machte dieses Anliegen immer schwieriger. Erst kürzlich hatte Attalos seine Untertanen aufgefordert, jedes Pferd, das nicht dringend benötigt wurde, an die städtische Kavallerie abzutreten.
Der Pferdemarkt auf der Unteren Agora war geschlossen und die Marktbeamten rieten ihnen es übermorgen noch einmal zu versuchen, da der reguläre Handel erst nach den Dionysien wieder beginne.
»Verdammt!« fluchte Silanos und biss sich nervös auf die Lippen.
Krates schüttelte nur stumm den Kopf und verschränkte die Arme. »Ich fürchte, jetzt haben wir ein Problem.«
»Meinst du nicht, dass uns Kolchos ein Pferd verkaufen könnte?«
Krates lachte bitter. »Wir haben Krieg, falls dir das noch nicht aufgefallen sein sollte. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Kavallerie bereit sein sollte auch nur auf eines ihrer Pferde zu verzichten. Aber versuchen können wir es natürlich trotzdem. Mehr als Neinsagen kann er ja nicht.«
Als sie an der Kaserne ankamen, erklärte man ihnen, dass Kolchos nicht da sei und vor dem Abend auch nicht wiederkäme. Krates fragte nach Kandalos, dem Hauptmann der Stadtwache, mit dem auch Kolchos befreundet war und erzählte ihm von seinen Schwierigkeiten, wobei er sich die Zeit nahm auch Silanos Geschichte zu erzählen und die Tragik zu schildern, die sich aus dieser vertanen Chance ergäbe. Doch auch Kandalos konnte ihm erwartungsgemäß nicht weiterhelfen. So bedankten sie sich nur und gingen niedergeschlagen in die Philetaireia zurück. Während sich Krates bittere Vorwürfe machte, schien Silanos mit seinem Schicksal zu hadern. Er weinte und fluchte und schien nicht mehr er selbst.
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»Was ist denn los?« fragte Telephos erschrocken.
»Wir haben kein Pferd gefunden«, antwortete Krates leise und begegnete Livias Blick, die im Türrahmen der Küche stand und kopfschüttelnd die Augen verdrehte.
»Meine Güte, Livia!« rief Krates aufbrausend. »Du bist doch auch nicht darauf gekommen schon früher nach einem Pferd zu suchen!«
»War es denn meine Idee Silanos in seine Heimat zu entlassen?«
Krates wandte sich von ihr ab und ging in sein Arbeitszimmer. Sie hatten die letzte Zeit nur sehr mühsam überwunden, denn mit jedem Tag, der sie nicht nur seiner eigenen, sondern auch Silanos’ Abreise näherbrachte, wurde die Familienstimmung gereizter. Gedankenverloren starrte er auf seinen Schreibtisch. Aus dem Nebenraum hörte er Silanos schluchzen, aber er fühlte sich nicht in der Lage ihm zu helfen. Da Livia so gut wie nie ausritt, hatten sie ihr Pferd erst vor wenigen Monaten verkauft. Krates eigenes Pferd stand mit den Jungpferden seiner Söhne im Stall. Doch er brauchte seinen Rappen und die Tiere der Kinder waren nicht stark genug, um einen Mann von Silanos’ Gewicht zu tragen, von den Strapazen einer solchen Reise, denen sie sowieso nicht gewachsen wären, ganz zu schweigen. Plautos und Theseus besaßen nicht mehr als ihre eigenen Pferde, von Hippias dagegen wusste er, dass er außer seinem eigenen alle anderen Tiere an die untere Kaserne verliehen hatte.
»Gehen wir jetzt los?« rief Telephos, der in Krates’ Arbeitszimmer gehüpft kam und seine Aufregung kaum noch verbergen konnte.
»Gleich«, zwang sich Krates zur Ruhe. »Gib mir noch einen kurzen Moment.« Seine Söhne freuten sich schon die ganze Woche auf die Festtage und die Einweihung des Großen Altares und er hatte ihnen versprochen sie mit zu den Feierlichkeiten zu nehmen. Also machte er gute Miene zum bösen Spiel, zog sich einen festlichen Mantel an und verließ mit Livia und den Kindern das Haus.
Auf den Straßen begegneten ihnen Gaukler und Musikanten, alle möglichen Arten von Verkäufern und fröhliche Menschen, von denen sie viele kannten. Ein paar Mal noch machte Krates den Versuch während der einen oder anderen Unterhaltung das Pferd anzusprechen, das er so dringend benötigte, doch das Resultat war immer das Gleiche und so gab er es schließlich auf. Auf dem Vorplatz der Rampe, die zum Großen Altar hinaufführte, hatte sich eine dichte Menschenmenge versammelt, die sich angeregt unterhielt und auf die Ankunft des Königs wartete.
Schließlich schallten die Fanfaren der königlichen Garde über den Platz und es wurde so still, dass man sogar das Brüllen der Stiere hören konnte, die irgendwo auf der Altarterrasse auf ihre Schlachtung warteten. Attalos kam auf einem goldenen Streitwagen und die Menge bildete, von ehrfurchtsvollen Verbeugungen begleitet, eine breite Gasse, durch die er, gefolgt von seinen Soldaten bis zur Rampe fahren konnte. Feierlich schritt er auf die Altarterrasse, von wo aus er eine festliche und rhetorisch ausgefeilte Rede hielt. Er sprach von der Plage der Galater, von der Tapferkeit Pergamons und den vielen Opfern, die die Stadt gebracht habe, um dieser Plage Herr zu werden. Und er lobte seine Pergamener, dass sie all diese Opfer auf sich genommen hatten, um stolzen Gewissens von sich behaupten zu können, was auch der Altar verkörpere: Dass nämlich die Götter auf der Seite des Tapferen stünden, der für die Freiheit kämpft und die Tradition gegen den schändlichen Einfluss der Barbaren verteidigt. Dann durchschnitt er das rote Band und lauschte dem Klang der Fanfaren, die in dem tosenden und nicht mehr enden wollenden Beifall der Menge fast untergingen.
Krates und Livia nahmen sich und die Kinder an den Händen und folgten den anderen auf die Altarterrasse. Für ihn war der Anblick des monumentalen Bauwerks nichts neues, doch Krates’ Söhne kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ergriffen standen sie vor den marmornen Muskelpaketen der Götter, die in wuchtiger Eleganz auf die Giganten einschlugen und sie ganz offensichtlich das Fürchten lehrten. Die Terrasse füllte sich mehr und mehr und schließlich ertönten die Fanfaren ein drittes Mal. Gebannt starrte die Masse auf den Altar, über dessen Mitte sich endlich der schwarze Qualm des Opferfeuers erhob. Die Menge wurde still und betete zu den Göttern, jeder zu einem anderen, denn der Altar war ja schließlich allen Göttern geweiht.
Als sich die Priester daran machten, das gebratene Opferfleisch an die Gemeinde zu verteilen, wurde es unruhig, denn jeder wollte in den Genuss des begehrten Fleisches kommen. Krates warf seiner Frau einen kurzen Blick zu und schob sich mit seiner Familie in Richtung Ausgang.
* * * * * * * * *
Es war schon spät, als Krates seine Kinder zu Bett brachte. Sie umarmten ihn innig und konnten sich nur schwer von ihm lösen, doch sie wussten auch, dass er wiederkäme. Silanos war längst in seinem Zimmer verschwunden, Livia hatte den Kamin gelöscht und war gerade dabei das benutzte Geschirr in die Küche zu tragen, als es laut an der Haustür klopfte. Krates trat in den Hof und öffnete leise die Tür. Draußen stand Kolchos mit seinem Pferd und entschuldigte sich für die späte Störung. Er sah müde und abgekämpft aus und führte seinen Rappen nach Krates’ Willkommensgruß direkt in den Stall.
»Habt ihr noch einen Wein offen?« fragte er fröhlich.
»Für dich immer«, lachte Krates leise, um die Kinder nicht wieder aufzuwecken. »Aber allzu lange sollten wir nicht mehr zechen, denn wir müssen ja morgen beide früh raus.«
»Wo ist Silanos?«
»Er schläft seinen Rausch aus. Als wir nach Hause kamen, hatte er sich fürchterlich betrunken. Aber das hätte ich an seiner Stelle vermutlich auch getan.«
»Dann weck ihn auf und halte ihm den Kopf unter Wasser. Wenn wir morgen losreiten, sollte er nüchtern sein.«
Livia kam aus der Küche und nickte ihm zur Begrüßung stumm zu.
»Aber wir haben kein Pferd für ihn«, flüsterte Krates.
»Doch, habt ihr«, lächelte Kolchos. »Aber das erzähle ich dir beim Wein und nicht hier draußen, wo uns jeder hören kann.«
Krates und Livia blickten ihn fragend an, was ihn zum Lachen brachte. »Also, was ist nun? Wo bleibt der Wein?«
»Schon unterwegs«, rief Krates vergnügt und zog Kolchos in den Hauptraum, wo er den Kamin wieder anfachte. Livia holte indessen drei Trinkschalen, Wein und Wasser und schenkte ihnen ein. Dann ging Krates zu Silanos und musste ihn regelrecht wachrütteln, bis er zu sich kam.
»Was willst du?« brummte Silanos ungehalten.
»Mit dir nach Termessos reiten. Aber dafür musst du erst wieder nüchtern werden. Also auf! Zieh dich an und schütte dir Wasser ins Gesicht, damit du dich bei deinem Gönner bedanken kannst.«
Silanos schielte ihn mit verschwommenen Blicken an und wusste nicht, was er davon halten sollte.
»Jetzt mach schon«, fuhr ihn Krates an, »sonst kannst du von mir aus zu Fuß gehen.«
Silanos kniff die Augen zusammen und erkannte den Ernst der Lage. Mit einem Satz saß er auf der Bettkante und musste sich abstützen, weil ihm schwindelig war.
Als er frisch gewaschen, aber noch ziemlich benommen in den Hauptraum wankte, begrüßte ihn Kolchos mit einem warmherzigen Lächeln. »Kandalos hat nicht übertrieben. Ich glaube, du bist wirklich ein guter Mann.«
»Ich verstehe nicht«, erwiderte Silanos langsam.
»Ihr wart doch heute Morgen an der unteren Kaserne und wolltet von uns ein Pferd haben. Natürlich konnte dir Kandalos keines geben, selbst wenn er gewollt hätte. Aber deine Geschichte hat ihn so sehr berührt, dass er mir davon erzählte und mich bat, mich für dich einzusetzen. Also habe ich dir ein Pferd besorgt, das dich sicher bis nach Termessos bringen wird. Es steht draußen im Stall und ist sogar schon gesattelt.«
Silanos’ Augen begannen zu leuchten. »Und ich dachte, ihr hättet alle Pferde unter Beschlag.«
»Das haben wir auch«, sagte Kolchos leise. »Aber jedes unserer Pferde wird vor seiner Registrierung einer gründlichen Untersuchung unterzogen. Nun ja, und das Pferd, das ich dir mitgebracht habe, wurde von mir als kampfuntauglich eingestuft und offiziell gestern Morgen geschlachtet. Verstehst du?«
Silanos schmunzelte. »Ja, ich verstehe. Ich hoffe nur, dass ich das je wieder gut machen kann.«
»Das brauchst du nicht«, erwiderte Kolchos mit einem wohlwollenden Lächeln und hielt kurz inne. »Ich hatte mal einen jungen Soldaten in meiner Truppe, der aufgrund misslicher Umstände in Bedrängnis geraten war. Es hätte nur eines Pferdes bedurft, um seinen Hals zu retten und ich war der einzige, der ihm dieses Pferd besorgen konnte. Die Sache war nicht legal und ich konnte es damals nicht über mich bringen für ihn meine Stellung zu missbrauchen. Doch ich habe meine Feigheit bitter bereut. So gesehen war meine Schützenhilfe für dich heute eine gute Gelegenheit diesen Fehler von damals wenigstens ansatzweise wieder gut zu machen.«
Silanos nickte nachdenklich und legte Kolchos die Hand auf die Schulter. »Danke«, war alles, was er dazu sagen konnte und Kolchos verstand es.
Sie tranken ihren Wein aus und verabschiedeten sich. Krates dankte dem jungen Hauptmann noch einmal für seinen Einsatz und stellte seine Reisesäcke vor den Hauptraum. Dann wusch er sich am Laufbrunnen und legte sich zu Livia ins Bett.
Kurz nach Morgengrauen wurde Krates wach, weil sich Livia über ihn beugte und ihn mit zärtlichen Küssen überhäufte. Er blickte in ihre wunderschönen Augen und strich ihr sanft das Haar aus dem Gesicht.
»Komm bald wieder«, hauchte sie ihm mit einem verführerischen Lächeln entgegen.
»Ich verspreche es«, entgegnete er und gab ihr einen langen Kuss.
Als er in den Hof kam, begrüßte er Silanos, der schon seit Stunden auf den Beinen war, um die Pferde zu füttern und sich um das Gepäck und den Proviant zu kümmern. So konnten sie in aller Ruhe frühstücken und sich von Livia verabschieden, die ihnen von der Haustür aus nachwinkte, bis sie von der Telephosgasse in Richtung Hauptstraße abbogen.
»Kein Wort zu den anderen«, ermahnte ihn Krates, als Silanos seinem Rappen zufrieden auf den Hals klopfte. »Hörst du? Es geht niemanden etwas an, woher du das Pferd hast.«
»Glaubst du ernsthaft, ich würde Kolchos in Gefahr bringen?«
»Ist ja schon gut«, besänftigte ihn Krates, als sie in der Unterstadt ankamen und Kolchos winken sahen, der sich gerade mit Menis und Pisdes unterhielt. Im Hintergrund erkannten sie die vier Soldaten, die sie auf ihrem Weg begleiten sollten und die Abteilung der Kavallerie, die ihnen Attalos bis nach Aigai mitschickte.
Als sie über die lange Straße zum Asklepieion galoppierten, war die Sonne gerade über den Bergen aufgegangen und warf die Pergamenische Ebene in ein friedliches Licht. Die Reiter der Kavallerie eskortierten die Gesandtschaft zu beiden Seiten und die Banner der Standartenträger flatterten wild im Wind. Nach einer guten Stunde hatten sie den alten Siedlungshügel von Teuthrania passiert und wandten sich gen Süden. Unterwegs begegneten sie nur wenigen Bauern, die ihnen den fröhlichen Dionysosgruß zuriefen und gelangten schließlich sicher nach Aigai, wo sie eine kurze Rast einlegten, um sich von ihrer Eskorte zu trennen.
In den folgenden Stunden kamen sie gut voran und erreichten schon am frühen Abend ihre Herberge in Smyrna. Von dort ging es in den nächsten Tagen über Ephesos und das Tmolosgebirge ins Maiandrostal und weiter bis ins phrygische Hochland. Glücklicherweise bestand die Gesandtschaft ausschließlich aus erfahrenen Reitern, so dass ihnen die Entfernung nichts ausmachte, doch als sie am Abend die Tore von Hierapolis erreicht und sich in einer der dampfenden Kalkterrassen versammelt hatten, blickte Krates rundum in erschöpfte Gesichter.
»Vor fünfzehn Jahren«, sinnierte er lächelnd, »habe ich in diesem Becken gesessen und Karawanenseminare abgehalten.«
»Was für Seminare?« fragte Pisdes ungläubig und ließ sich von Krates die Geschichte seiner Treiber erzählen, die ihn von Tarsos bis nach Pergamon begleitet hatten.
»Also von mir aus«, gähnte Silanos, »macht, was ihr wollt. Aber ich bin für derlei Geschichten zu müde. Wann müssen wir morgen überhaupt aufbrechen?«
»Auf jeden Fall nicht so früh wie heute«, bemerkte Kolchos. »Der Weg zum Sanaos-See führt zwar in die Berge, ist aber alles in allem auch nicht so lang wie der heutige Ritt.«
Silanos gähnte und wünschte ihnen eine gute Nacht.
Krates nickte müde vor sich hin. »Dann werden sich unsere Wege also morgen trennen.«
»Warum kommt ihr nicht einfach mit nach Olbasa?« wandte Pisdes ein. »Von hier aus ist das kein großer Umweg.«
»Ich weiß nicht«, seufzte Krates zögerlich und betrachtete seine aufgeweichten Hände. »Ich bin natürlich neugierig, mir deine Heimat einmal anzusehen. Aber wir machen hier schließlich keine Studienreise, sondern reiten im Auftrag des Königs. Und in diesem Auftrag war Olbasa nicht vorgesehen.«
Kolchos lachte leise. »Nun komm schon, Krates. Attalos sieht uns nicht und auf die Verschwiegenheit meiner Männer kannst du dich verlassen.«
»Na dann«, lächelte Krates und erhob sich mühsam aus den Wassern, um sich mit den anderen zur Nachtruhe zu begeben.
Der Ritt, der sie am folgenden Morgen von Hierapolis in die pisidische Bergwelt führte, erinnerte ihn immer wieder an seine damalige Reise von Tarsos nach Pergamon. Die verkarsteten Berglandschaften mit ihren Geröllhalden und die Laubwälder, die sie in den schmalen Tälern passierten, die steinigen Wege und die krächzenden Schreie der Bergadler, die hoch über ihren Köpfen ihre Kreise zogen, all das weckte in ihm so viele Erinnerungen, dass er über weite Strecken nur mit sich und seinen Gedanken beschäftigt war. Silanos dagegen blühte förmlich auf.
Die vertraute Berglandschaft und ihre Vegetation lösten in ihm so starke Heimatsgefühle aus, dass er immer wieder jauchzte und den Göttern für seine Heimkehr dankte, die sie ihm nun, nach über zwanzig Jahren in der Ferne doch noch gestatteten. Als die Männer schließlich die Ufer des Sanaos-Sees erreichten, sahen sie, dass sich dort schon ein Handelszug befand. Sie schlugen ihr Nachtlager in einiger Entfernung von der Karawane auf und zündeten sich ein Feuer an, über dem sie die von den Soldaten geangelten Fische brieten. Nach dem Essen band Krates sein Pferd los und ritt gegen Kolchos Rat, der den Fremden misstraute, zu den Feuern der Karawane.
Er fragte einen der Treiber nach dem Karawanenführer und erhielt die ihn keineswegs überraschende Antwort, dass Eudemos sein Nachtlager am Ende des mittleren Zugs aufgeschlagen habe. Zufrieden lächelnd, denn er hatte innerlich gehofft hier auf Eudemos zu treffen, rief Krates nach dem Karawanenführer und begrüßte ihn schließlich mit einem kräftigen Handschlag.
»Krates, mein Lieber! Aber natürlich erinnere ich mich. Und von deinem Seminar am Askanios-See erzähle ich noch heute.«
Eudemos war alt geworden, sein Gesicht von Falten zerfurcht und das ehemals kräftige Haar licht und ergraut, doch die entschlossene Wachsamkeit seiner Augen verlieh ihm noch immer den Ausdruck eines erfolgreichen und geachteten Mannes.
Er führte Krates ans Feuer und berichtete ihm in der blumigen Sprache der Karawanenführer von den Schwierigkeiten, die sie in den letzten Jahren während des pisidischen Krieges gehabt hatten. »Übrigens«, lachte er schließlich, »du wirst es nicht glauben, aber wir haben auch auf dieser Tour wieder einen jungen Philosophen dabei, der in Sagalassos zu uns gestoßen ist und nach Ionien möchte. «
Krates sah ihn verblüfft an. »Und wie heißt der Mann?«
»Ich glaube Xenophon. Oder so ähnlich. Er reitet im hinteren Zug.«
Krates verbeugte sich höflich und stand auf. Die Vorstellung in dieser Einöde auf einen Kollegen zu treffen, weckte seine Neugier. Eudemos rief einen seiner Treiber und wies ihn an Krates zu dem Philosophen zu führen. Dann gähnte er ausgiebig und verabschiedete sich mit seinen besten Wünschen für eine glückliche Heimkehr.
Krates nahm sein Pferd und ließ sich durch die Lagerfeuer der Treiber ans untere Seeufer führen. Bei den Lastentieren des hinteren Zugs angekommen, stieß er auf eine Gruppe von Männern, die sich um ein Lagerfeuer scharten und heftig miteinander diskutierten. Er konnte ihre Gesichter nicht erkennen, doch er hörte die Stimme eines Mannes, der ganz offensichtlich von philosophischen Inhalten sprach. Und sowohl die Stimme als auch die Ausdrucksweise jenes Mannes waren ihm so vertraut, dass er freudig lachte.
»Was ist daran so komisch?« wunderte sich der Mann, der bis eben noch über die Anomalie gesprochen und sich nun verständnislos umgedreht hatte. Als er den Lachenden im Feuerschein erkannte, starrte er ihn fassungslos an. »Das gibt es doch gar nicht!« stammelte Zenodotos. »Was machst du denn hier?«
»Ich bin auf der Durchreise«, erwiderte Krates. »Genauso wie du, nur in die Gegenrichtung. Wir reiten nach Termessos.«
Zenodotos war aufgesprungen und fiel seinem früheren Lehrer in die Arme. »Vorhin noch habe ich von dir erzählt und jetzt stehst du auf einmal hier. Das ist wirklich unglaublich!« Er machte Krates mit seinen Reisegefährten bekannt und bat ihn sich mit ans Feuer zu setzen, doch Krates lehnte dankend ab.
»Ich muss gleich wieder zu meiner Gesandtschaft zurück. Deshalb interessiert mich nur eine Frage: Wann kommst du nach Pergamon?«
»Ich habe keine konkreten Pläne«, erwiderte Zenodotos verwirrt. »Der Weg von hier bis nach Pergamon ist ziemlich weit und ich habe leider auch nicht die Mittel, um die Strecke in einem Stück zurückzulegen.«
»Aber dein vorrangiges Ziel ist nach wie vor Pergamon?«
»Natürlich. Das hatte ich dir doch geschrieben.«
»Ja«, lächelte Krates, »und über deinen Brief habe ich mich sehr gefreut.« Gedankenverloren starrte er in die Glut des Feuers und nickte dabei stumm vor sich hin. »Wievielte Pferde hast du bei dir?«
»Nur eines. Warum?«
»Mir kam gerade die Idee, dass du uns begleiten könntest. Wir reiten zwar morgen zunächst nach Süden und werden auf der Rückreise sämtliche Akademien und Stoen Asiens besuchen, bevor wir wieder nach Pergamon heimkehren. Doch auf diese Weise kämest du wesentlich komfortabler und vor allem auch preisgünstiger an dein Ziel.«
»Du würdest mich mitnehmen?« rief Zenodotos freudig.
»Aber natürlich. Nur solltest du mich dann am besten gleich begleiten, denn wir brechen morgen schon früh auf.«
»Es ist alles gepackt«, strahlte Zenodotos, was Krates an den ausgeprägten Ordnungssinn erinnerte, der ihm schon damals bei seinem Schüler aufgefallen war.
»Dann lass uns gehen«, mahnte Krates und verneigte sich vor den Männern am Feuer.
Sie nahmen ihre Pferde und hielten auf die Ebene jenseits der Karawanenfeuer zu. Die Nacht war sternklar und kalt. Hinter den Seeufern erhoben sich die dunklen Silhouetten der Berge und die Luft roch nach dem herben Duft wilder Kräuter.
Als sie das Lagerfeuer der Gesandtschaft erreichten, atmete Kolchos förmlich auf. »Wie gut, dass du wieder da bist! Wo warst du denn so lange? Ich habe mir schon Sorgen um dich gemacht.«
»Das musst du aber nicht. Ich bin hier nicht zum ersten Mal.«
»Und wen hast du uns da mitgebracht?«
»Meinen alten Schüler Zenodotos. Unsere Väter waren beide Ratsherren in Mallos und überdies gut miteinander befreundet, aber wir kennen uns auch aus Tarsos, wo ich Zenodotos einen Sommer lang an der Akademie unterrichtet habe. Er ist eigentlich auf der Durchreise nach Pergamon, aber ich kann ihn auf dem zweiten Teil unserer Mission gut einsetzen und möchte deshalb, dass er uns ab morgen begleitet.«
Nach und nach machte sich Zenodotos mit der Gesandtschaft bekannt und setzte sich zu den Männern ans Feuer. Krates erzählte ihm von seiner Studienzeit mit Pisdes, und Zenodotos musste alles berichten, was sich in den letzten Jahren in Tarsos verändert hatte. Als sie sich endlich zur Nachtruhe betteten, war es spät geworden und Krates lag noch lange Zeit wach. Er dachte an Livia und seine beiden Söhne, aber auch an Pisdes, Silanos und Zenodotos, die ihn jeder auf seine Weise über Jahre begleitet hatten und ihm so viel bedeuteten. Er hatte sich um diesen Auftrag wahrlich nicht gerissen, doch die Nähe zu seinen Freunden machte ihn glücklich und ließ ihn friedlich einschlafen.
Am Morgen ihres sechsten Reisetages verließen sie die breite Trasse des Karawanenweges und ritten über die notdürftig befestigten Gebirgssteige ins Innere des pisidischen Tauros. Menis und Pisdes hatten die Führung übernommen, gefolgt von Kolchos, der sich während des schwierigen Ritts angeregt mit ihnen unterhielt. Krates begleitete seinen Schüler in der Mitte und Silanos bildete mit den pergamenischen Soldaten die Nachhut. Unterwegs kamen sie durch dichte Pinienwälder und verkarstete Landstriche, durch saftige Hochalmen und enge Schluchten mit reißenden Flüssen. Als sie in den frühen Abendstunden das kleine Gebirgsdorf Takina erreichten, wurden sie von den dortigen Apollonpriestern empfangen und in einem der Gästehäuser des Heiligtums beherbergt.
Der folgende Tag begann mit Schnee, was Krates die Höhe in Erinnerung rief, in der sie sich mittlerweile befanden. Glücklicherweise blieb das kalte Weiß nicht liegen, doch er fürchtete die Gefahren überfrierender Nässe und mahnte seine Gesandtschaft zu einem baldigen Aufbruch. Der kalte Wind, der sie schon am Vorabend begleitet und über Nacht tüchtig aufgefrischt hatte, blies ihnen unangenehm in die Seite und jagte dunkle Wolken über den Himmel. Bald setzte ein leichter Regen ein, der sich mit Graupel und Schnee vermischte und die Gesandten langsam, aber sicher durchnässte.
»Ist es noch weit?« rief Krates gegen den Wind.
»Keine Sorge«, antwortete Menis. »Hinter der Felsenkuppe dort vorne geht es nur noch bergab.«
Als sie kurz darauf den Pass überquert hatten, blickten sie in ein weites Tal, das vom seicht dahinfließenden Lysis durchschnitten und von fruchtbaren Äckern gesäumt wurde. Hier und dort standen ein paar Bauernhäuser, weideten Pferde auf den Wiesen und Schafherden an den Berghängen und am Ende des Tales erkannten sie auch schon die geduckten Mauern von Olbasa.
Der Abstieg ins Tal gestaltete sich schwieriger als gedacht, denn der schmale Weg war vom Regen aufgeweicht und daher nicht nur rutschig, sondern an vielen Stellen auch brüchig. Ein paar Mal wären Pferd und Reiter fast gestürzt und so hörte man allerlei Verwünschungen und Flüche, bis sie sich auf dem breiten Talweg befanden, der von Norden kommend bis nach Olbasa führte. Bauern und Hirten, die am Wegesrand standen, riefen ihnen ihre Willkommensgrüße zu und bestaunten das imponierende Machtgehabe der pergamenischen Gesandtschaft, die mit der starken Eskorte durch das Haupttor ritt. Sofort bildete sich ein Menschenauflauf, der genau das verursachte, wovor sich Krates schon in Hierapolis gefürchtet hatte, nämlich ein gewaltiges Missverständnis.
Olbasa war wirklich nicht viel mehr als ein gut befestigtes Dorf und so mussten all die Menschen hier vermutlich wissen, weswegen Menis und Pisdes nach Pergamon geritten waren. Wenn sie nun aber in Begleitung einer größeren Gesandtschaft zurückkehrten, deutete alles darauf hin, dass sie mit ihrem Anliegen Erfolg gehabt hatten und die Stadt mit pergamenischen Ehren überhäuft werden würde. Entgeistert schüttelte Krates den Kopf, als er das stolze Leuchten in den Augen der Menschen sah, die auf die Gesandtschaft zeigten und ihren eigenen Delegierten anerkennend zunickten. Er rief Pisdes zu sich und erklärte ihm seine Zweifel, doch die Situation war schon außer Kontrolle. Die Kunde von der Ankunft der pergamenischen Gesandtschaft hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet und so wurden sie auf dem Marktplatz von den Beamten des olbasenischen Rates ehrenvoll empfangen.
»Das kriegen wir schon wieder hin«, lachte Pisdes und klopfte Krates freundschaftlich auf die Schulter. »Außerdem können wir ihnen die Freude doch ruhig lassen, oder?«
Sie saßen ab und ließen sich von den Beamten in eine edle Herberge führen, die so neu sein musste, dass sie vermutlich noch nie bewohnt worden war.
»Beim Hephaistos, was für ein Schlamassel!« fluchte Krates leise, als sie endlich allein waren und sich erschöpft auf ihren Betten ausstreckten.
»Ich finde das alles halb so schlimm«, beschwichtigte ihn Kolchos. »Außerdem steht in Attalos’ Beschluss doch nichts Gegenteiliges drin. Wenn ich es richtig verstanden habe, hat er den Olbasenern ausdrücklich gestattet zu ehren, wen immer sie wollen. Und ob sie das nun mit oder ohne uns machen, ist doch egal.«
»Aber sie machen sich womöglich falsche Hoffnungen.«
»Das weißt du doch gar nicht«, mischte sich Silanos ein. »Und außerdem ziehen wir ja morgen schon weiter. Dann hat sich das Thema so oder so erledigt.«
* * * * * * * * *
»Es war schön dich wiederzusehen«, verabschiedete sich Krates am nächsten Morgen von Pisdes. »Und wenn ihr euren Feldherren Sotas ehrt, dann sprecht ihm meine Hochachtung aus.«
»Wird gemacht«, erwiderte Pisdes und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Kommt gut nach Termessos und viel Glück für den Heimweg.«
Krates hob die Hand und winkte noch einmal, bevor er seinem Pferd die Sporen gab und mit der Gesandtschaft die Stadt verließ. Das breite Tal von Olbasa verengte sich nach Süden zu einer engen Schlucht, durch die sich der Lysis und parallel zu ihm der alte Bergweg schlängelten.
Stundenlang folgten sie dem Gebirgsbach flussabwärts, um schließlich das Tal zu verlassen und in einen dichten Eichenwald zu gelangen. Kolchos war mit den pergamenischen Truppen im Pisidischen Krieg gewesen und kannte sich daher einigermaßen aus. Geschickt führte er die Gesandtschaft über die schwierigen Pfade in ein weiteres Tal, hinter dem sich der Solymos auftürmte, ein gewaltiges Bergmassiv des südlichen Tauros, das sie am folgenden Tag überquerten, bevor sie endlich nach Termessos kamen.
»Eine beeindruckende Festung«, kommentierte Krates am nächsten Abend die wuchtigen Stadtmauern, die sich in kühnem Schwung von einem Felsen zum nächsten spannten.
»Vor allem uneinnehmbar«, rief Silanos triumphierend und hielt mit Krates am oberen Tor seiner Heimatstadt, um den wachhabenden Offizier zu begrüßen.
»Wir kommen aus Pergamon und bringen die Grüße unseres Königs Attalos, der euch eine Halle gestiftet hat, die wir morgen einweihen wollen.«
Der alte Wachmann verbeugte sich höflich und rief einen seiner Soldaten, den er zum Stadtrat schickte. Kurze Zeit später kam ein berittener Bote des Rathauses, der Krates und die Seinen im Namen der Stadt willkommen hieß und sie bat ihm zu folgen. Sie ritten durch das alte Haupttor und gelangten auf eine breite Straße, die zu beiden Seiten von Häusern und Plätzen, Pinienalleen und kunstvollen Gärten gesäumt war. Teilweise von gewaltigen Hangmauern gestützt, wand sich der Weg ins Zentrum hinab, wo sie der Bote in einer kleinen, aber durchaus gehobenen Herberge unterbrachte. Krates nahm Silanos mit auf sein Zimmer und ließ sich von ihm beim Auspacken der Reisesäcke helfen. Dann trat er ans Fenster und blickte nachdenklich über die Wipfel der unter ihm stehenden Zypressen auf die gegenüberliegenden Terrassen der Oberstadt. »Schön habt ihr es hier«, begann er schließlich.
Silanos war zu ihm ans Fenster getreten und deutete auf die andere Seite. »Schau, da hinten liegt das Haus meines Vaters, dort, zwischen den beiden Pinien über dem kleinen Tempel, siehst du?«
»Ja, das sehe ich«, nickte Krates. »Und worauf wartest du noch?«
»Ich weiß nicht«, zögerte Silanos. »Ich habe mich immer danach gesehnt endlich wieder hier zu sein. Jetzt bin ich hier und fürchte mich davor nach Hause zu gehen. Kannst du mich nicht begleiten?«
Krates überlegte kurz. »Naja, vor morgen früh haben wir nichts mehr zu tun. Und wenn du meinst, dass es dir hilft, warum nicht.«
Sie sagten den anderen Bescheid und verließen die Herberge. Als sie das kleine Haus am Nordhang des Solymos erreichten, dessen klobige Mauern sich trotzig in den Felsen betteten, wurde Silanos zunehmend unruhiger. Ein junger Mann, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten schien, kam ihnen mit einem Haufen Decken entgegen. Als er seinen älteren Bruder erblickte, fiel ihm vor Schreck die Ladung aus den Händen. »Philoxenos?« stammelte er ungläubig, »bist du das?«
»Karyas!« rief Silanos und nahm seinen kleinen Bruder liebevoll in die Arme. Lange Zeit standen sie im Hof, eng umschlungen und von Erinnerungen erfüllt.
Nachdem Silanos seinem verwirrten Bruder einen aufgeregten und recht konfusen Bericht über die letzten zwanzig Jahre geliefert hatte, erkundigte er sich nach ihren Eltern.
»Vater ist vor neun Jahren gestorben«, erwiderte Karyas traurig, »und Mutter ist erblindet. Aber komm, wir wollen sehen, ob sie dich auch so erkennt.«
Krates folgte den Brüdern unauf-gefordert ins Haupthaus und erkannte die kleine Frau, die geduckt und vom Alter gezeichnet in einer Ecke des Zimmers saß und trotz ihrer Blindheit an einer Decke stickte. Plötzlich horchte sie auf und blickte mit ihren grausilbernen Augen in den Raum.
»Karyas, wen bringst du mir da?«
»Ich bin es, Mutter«, schluchzte Silanos und kniete vor ihr nieder, um sie innig in die Arme zu schließen.
Krates wandte sich ab, um sich die Tränen aus den Augen zu wischen. Silanos war jetzt zuhause und er hatte seine Schuldigkeit getan. Leise entfernte er sich aus dem Hauptraum, verließ den Hof und kehrte gedankenversunken in seine Herberge zurück. Unterwegs kamen ihm die Erinnerungen. Die Erinnerungen an Rom und Pergamon, an das Haus des Cornelius und ihre gemeinsame Reise nach Asien. Die Erinnerung an seine Söhne, um die sich Silanos so liebevoll gekümmert hatte und an die vielen Abende, die sie zusammen an seinem Kamin in der Philetaireia verbracht hatten. Silanos war jetzt heimgekehrt und Krates freute sich für ihn. Aber er spürte auch den Schmerz der Trennung und begann still zu weinen.
Als er sich am nächsten Morgen mit Zenodotos und seiner Gesandtschaft zum Frühstück in den Hof setzte, verneigte sich der Herbergswirt und servierte ihnen ein Morgenmahl, das so luxuriös ausfiel, als gelte es einen König zu verköstigen. Überhaupt fiel ihnen auf, dass ihnen die Menschen mit sehr viel mehr Respekt und Freude begegneten als noch am Vorabend. Krates wähnte den Grund dafür in dem bevorstehenden Festakt, doch damit lag er nur zur Hälfte richtig. Denn die Einweihung, zu der er eine lobende Rede auf die Tapferkeit und die unverbrüchliche Treue der Termessier hielt, war schnell vorbei und die Halle selbst zwar einigermaßen repräsentativ, aber auch ziemlich unspektakulär.
Der zweite und vermutlich viel wesentlichere Grund für den allgemeinen Stimmungswechsel wurde ihm bei den anschließenden Feierlichkeiten bewusst, bei denen sich die Stadträte nicht nur für die Halle bedankten, sondern auch für die Großmut, mit der Krates seinen ehemaligen Sklaven freigesprochen und somit der Stadt einen ihrer Söhne zurückgebracht hatte.
Der Abend wurde lang, zumal Krates und Silanos alles erzählen mussten, was sie in den letzten zwölf Jahren gemeinsam erlebt hatten, doch mit vorrückender Stunde auch ziemlich sentimental. Silanos fühlte sich hin und hergerissen und war schließlich so betrunken, dass er nicht mehr wusste, ob er lieber bleiben oder nach Pergamon zurückkehren sollte. Krates riet ihm zu bleiben, drängte aber auch darauf, Termessos am folgenden Tag wieder zu verlassen. So brachte er einen letzten Trinkspruch auf die Freiheit und das Geschenk der Freundschaft und wankte betrunken und von seinen Gefühlen verwirrt ins Bett.
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