Zum Abitur meines Sohnes

Die Abiturfeier meines Sohnes hat mich schmunzelnd daran erinnert, dass ich am Johanneum Hamburg vor 33 Jahren selbst mein Abitur entgegennehmen durfte. Und ich durfte die Bühne an jenem Tag gleich noch ein zweites Mal betreten, um die Abiturrede zu halten. Diese Rede wurde später im Ehemaligen-Magazin „Das Johanneum, Bd. 1988-2“ veröffentlicht, wo man sie bis heute, z.B. in der Hamburger Staatsbibliothek einsehen kann.

Aber sie wurde, und das hat mich immer geärgert, offenbar von einer Aufnahme transskribiert und entgegen dem Original an einigen Stellen völlig falsch wiedergegeben. Ich habe mein Redeskript kürzlich in einer alten Kiste auf dem Speicher wiedergefunden und war überascht, wie aktuell das damals Gesagte zum Teil noch immer ist – für mich, für meine Familie, meine Freunde, für unser Land.

Und auch, wenn ich mit dieser Rede vermutlich niemanden von früher mehr erreiche, möchte ich sie doch zumindest hier einmal im Originalwortlaut veröffentlichen:


Abiturrede am Johanneum, Hamburg 1988

„Friends, Romans, Countrymen, lend me your ears! I come to bury Caesar, not to praise him.“ – Ich übersetz‘ das mal: „Freunde, Römer, Bürger“ … und so weiter. Oder: Liebe Mitstreiter, sehr geehrter Herr Dr. Bornitz, liebe Lehrer, liebe Eltern – meine sehr geehrten Herren Ehemaligen!

Was der Weiland Antonius am Grabe Caesars sagte, bevor er in den Armen Kleopatras versank und was Sie mich soeben sagen hörten, bevor ich mich der Alma mater an die vollen Brüste werfe – freilich ein bisschen weniger als andere meines Jahrgangs verfolgt von Vater Staat, der unserer Erziehung in Elternhaus und Schule eifersüchtig eine dritte Instanz hinzuzufügen bedacht ist – was also er, Antonius, sagte, und ich, Shakespeare folgend, wiederholte, ist der Abschied von einer prächtigen Leiche, die ambivalent und geradezu neunjährig vor uns liegt … oder sagen wir lieber hinter uns. Ich meine: unsere Johanniterjahre. Und ich will nicht etwa andeuten, dass ein Weiterleben hier am Ort mit unserem Abgang unmöglich wäre …

Der heutige Tag bringt noch einmal Freude in unsere Herzen. Freude über die Entlassung und die langerkämpfte Freiheit, Freude über das über- und vor allem bestandene Abitur und schließlich die Vorfreude auf alles unbekannte Neue, das uns in der Zukunft erwartet. Und jeder von Ihnen, messieurdames, der sich noch mit einem gewissen Schmunzeln an jene Tages seines eigenen Abiturs erinnern kann, wird mir beipflichten, wie wohl man sich in seiner von Wonneschauern durchzogenen Abiturientenhaut fühlt.

Doch bei allem Grund zum Feiern muss ich gestehen, dass mein persönlicher Austritt aus der Schule mit gemischten Gefühlen behaftet ist. Denn bei aller Lebensfreude und allem Erfahrungsdrang, mit dem ich bereits nach den mündlichen Prüfungen mein eines Bein tastend in eine neue Umgebung setzte – wie nachdenklich werde ich auf einmal, wo ich nun auch das zweite Bein nachziehe, um meinen vorberuflichen Ausbildungsweg zu beschreiten!

Ich fühle mich dabei fast wie jemand, der aus seiner Heimat auswandert. Das Johanneum ist uns in so vielen Dingen in den letzten neun Jahren zu einer Heimat geworden – selbst dann, wenn wir diesen Prozess gar nicht so sehr wahrgenommen haben. Freilich, es könnte einer meiner ehrenwerten Kameraden kommen und sagen: „Fühle dich, wie du willst, Frank! Aber als meine Heimat wirst du mir diese Schule nicht verkaufen können!“ Und ich würde ihn fragen: „Was unterscheidet denn den Heimatbegriff von der Beziehung zwischen dir und dieser Schule?“ – Die Heimat ist doch ein Stückchen Erde, in das man durch seine Eltern hineingeboren wird und es bleibt einem selbst keine Wahl, ob man dieses Land als seine Heimat annehmen möchte oder nicht.

Ich erinnere mich noch dunkel daran, dass meine Eltern mir vor zehn Jahren die Schicksalsfrage stellten, ob ich nach Ableisten meiner vier Grundschuljahre ein „ganz gewöhnliches“ oder ein altsprachliches Gymnasium besuchen wolle. Ich muss dazu sagen: Ich war schon damals ein großer Griechen- und Römer-Fan; da waren die Geschichten um den lockeren Odysseus auf der einen Seite und auf der anderen die galligen Heldelixe aus Disneyland; naja – mir blieb keine andere Wahl.

So tobten wir also selbneuzigst durch die Unterstufe. Doch im Laufe der Mittelstufe holte uns der Ernst des Lebens ein. Die beiden Altsprachen verlangten effektiven Arbeitseinsatz und viele meiner Klassenkameraden ärgerten sich über den Leistungsaufwand, den sie viel lieber in lebendige Sprachen gesteckt hätten! Über Familienangehörige oder Freunde hörten wir immer wieder von anderen Gymnasien, wo eine beneidenswerte Schülergeneration an Stelle von Alt-Griechisch Neu-Französisch und Neu-Spanisch lernte. Und viele von uns spielten tatsächlich mit dem Gedanken das Johanneum zu verlassen und auf eine andere Schule zu wechseln.

Doch die Zahl derer, die dem Johanneum konsequent den Rücken zukehren, ist sehr gering. Das mag zum Teil daran liegen, dass es einem 10.-Klässler nahezu unmöglich ist, nahtlos in eine Welt überzusiedeln, in der seit jeher Englisch und Französisch an der Stelle von Griechisch und Latein stehen. Ich sehe aber auch die emotionalen Faktoren, die es wie die einer Heimat immer wieder geschafft haben, uns an diese Umgebung zu binden.

Da ist zum Beispiel die in sich kompliziert vernetzte Gemeinschaft unseres Jahrganges. Früher waren wir noch drei verschiedene Klassen, und ich erinnere mich an die Rivalitäten, die „die aus der A“ mit „denen aus der C“ gegen „jene aus der B“ auskämpften. Mit der Zeit klangen diese Feindseligkeiten aus und es stimmt mich sehr glücklich, wenn ich sehe, wie stabil trotz einiger gebliebener Feindseligkeiten das Stillhalteabkommen innerhalb unseres Semesters ist.

Gestatten Sie mir ein kritisches Wort zu der bei uns an der Schule praktizierten Auffassung von der Freiheit eines Christenmenschen. Und fürchen Sie nicht, dass ich jetzt mit Luther über das Seelenheil meines Jahrgangs philosophieren möchte! Es geht mir vielmehr um die zwangsgeregelte Wahl des ersten Leistungskurses in Griechisch oder Latein. Ist doch die Leistungskurswahl eine der ganz wenigen Möglichkeiten für uns Schüler, unseren Schulalltag frei zu gestalten.

Ich selbst bin ein großer Verehrer der alten Sprachen und ich denke, dass es an unserer Schule immer die Möglichkeit zu einem altsprachlichen Leistungskurs geben sollte – das ist das Johanneum als humanistisches Gymnasium seinem Ruf schuldig. Aber ich wehre mich gegen jene Johanneums-Verordnung, die viele Schüler dazu zwingt, gegen ihren Willen eine Altsprache zum Leistungskurs zu nehmen; ein Fach, das sie weder interessiert, noch für sie speziell von vergleichbarem Nutzen sein könnte wie z.B. eine naturwissenschaftliche oder neusprachliche Fächerkombination.

Viele von Ihnen werden sich nun wahrscheinlich fragen, warum denn die Unzufriedenen nicht einfach abgehen. Eine gute Frage mit einer einfachen Antwort: Weil ein Abgang zu dem Zeitpunkt, da die Frage akut wird, praktisch nicht mehr möglich ist. Denn über jedem, der es am Johanneum halb frisch, halb froh bis zur elften Klasse geschafft hat und dem im Vorsemester plötzlich klar wird, dass er wegen der Altsprachenregelung in der Oberstufe lieber die Schule wechseln würde, hat die “humanistische Fliegenfalle“ längst zugeschappt. Wie könnte er sich denn noch in eine Welt einleben, in der man ihm in einigen Fächern um jene Jahre voraus ist, die er bis dato Latein und Griechisch gelernt hat? Und so hängen diese unzufriedenen Unterworfenen der Bürokratie zu 60 bis 70% in den Lateinleistungskursen. Und dies nicht nur zu ihrem eigenen Schaden, sondern auch als unnötiger Ballast für die Kurse und die wirklich Interessierten.

Wenn ich trotzdem vom Johanneum als unserer Heimat rede, dann nur deshalb, weil mir einige meiner Mitstreiter einmal sagten, dass für sie die geringe Größe des Johanneums ein entscheidender Faktor bei der Bildung eines Heimatgefühls gewesen sei. Ich kann das gut nachvollziehen. Es gibt Schulen, die ein- bis zweitausend Schüler haben, an denen im Grunde genommen der Einzelne völlig anonym bleibt. Wer an unsere Schule kommt, muss sich nur ungefähr 500 Gesichter einprägen, um die Gemeinschaft der discipulorum Johannei zu kennen. Natürlich, das tut keiner. Aber es ist doch entschieden leichter, die 50 Engvertrauten in 500 wiederzufinden als in einem Vielfachen davon!

Nicht zu vergessen die architektonische Geborgenheit unseres Gebäudes. Ich meine damit zum Beispiel den Innenhof, der als typischer Schumacherbau jeden Ankömmling majestätisch in seine Arme nimmt. Oder den ganzen Schulkomplex, in dem man sich wiederfindet und der in seiner fachlichen Raumaufteilung nicht aus seinen Nähten zu platzen scheint, wie man bei manch anderen Schulen den Eindruck haben könnte.

Aber auch die gewohnte Vertrautheit im Umgang mit den Menschen, die diese Institution zum Leben erwecken, ist uns zu einem heimatlichen Begriff geworden, kurz gesagt, der typisch „johannitische Stallgeruch“! Mir fällt dazu der von graecistischen Fremdwörtern nur so strotzende, leicht intellektuell-selbstironisch angehauchte Umgangston ein, der innerhalb unserer Schülerschaft Usus ist. Oder die stille Abmachung zwischen Lehrern und Schülern, den Oberstufenunterricht so locker wie möglich zu gestalten, ohne dabei an Niveau zu verlieren.

Und doch gibt es an unserer Schule leider auch umgangsfeindliche Tendenzen, die schon so festgefahren sind, dass wir sie heute als feste Bestandteile unserer Zeit am Johanneum betrachten, und die dennoch einer schnellstmöglichen Änderung bedürfen. Ich denke da an die Hybris, die größtenteils unter den Schülern herrscht, die wir aber teilweise leider auch von unseren Lehrern empfanden. Diese Hybris zeigt sich ganz deutlich in gewissen Formen der Intoleranz.

Ich weiß noch, wie wir uns in der 5. Klasse auf die heißesten „Polit“-Diskussionen eingelassen haben und es dabei gar nicht so sehr auf gute Argumente ankam, die wir als 10- und 11jährige ja nicht einmal im Zusammenhang verstanden hätten, als vielmehr darauf, seinen Gegner durch lautstarke Schmähreden auf seine politische Gesinnung zum Schweigen zu bringen. Ich fürchte, dass sich dieses Erbe der politischen Intoleranz viel zu lange in unseren Gemütern halten konnte und sich größtenteils erst in den letzten zwei Jahren gelegt hat.

Es erschreckt mich ein wenig, wenn ich bedenke, wie früh wir alle doch schon den Grund für unsere klasseninterne und allgemeine Gespaltenheit in genau dieser Haltung von Hybris und gegenseitiger Intoleranz erkannt haben. Und dass wir uns so gut daran gewöhnt haben, dass wir es scheinbar auch gar nicht für nötig hielten, über eine Änderung gemeinsam nachzudenken.

Man konnte zeitweilig sogar das Gefühl bekommen, dass unser Jahrgang zwischenmenschlich abgestumpft sei, dass man die Gemütsverfassung des anderen nicht mehr erkennen konnte – oder wollte – und es nicht fertig brachte auf einen traurigen Menschen zuzugehen und mit ihm zu reden. Wohin das Aussetzen menschlicher Wärme im schulischen Umgang führen kann, hat uns der selbstgewählte Tod von Yvonne Marx vor Augen geführt und an dem diffusen Unbehagen, das uns erfüllte, hatten Schmerz und Scham ihren Anteil.

Ich glaube, dass die schweren Tage und Wochen nach dem Freitod von Yvonne bezeichnend waren für eine am Johanneum leider nicht untypische Grundstimmung. Der allgemeine Schreck war so groß, dass sich viele zu kleinen Gruppen zusammenfanden, sich freinahmen und über das Geschehene diskutierten. Schon nach kurzem aber versuchte ein Großteil von Schülern und Lehrern sich durch Ablenkung von dem Schreck zu erholen, während nur ein kleiner Kreis von einigen Schülern und zwei Lehrern sich Gedanken darüber machte, wie und was man innerhalb unserer Schulgemeinschaft ändern müsste, um jedenfalls in diesem Umfeld mögliche Ursachen zukünftig auszuschließen. Es sollte zu einem großen gemeinsamen Treffen zwischen Schülern und Lehrern kommen.

Dieses Treffen fand in den Adventstagen des vergangenen Jahres statt. Es wurde dazu eine große Einladung an alle geschrieben, die im Großformat am Schwarzen Brett ausgehängt wurde. Und das Treffen war für alle ein lohnender Erfolg. Aber es waren tatsächlich nur 22 Personen gekommen. Wo war da plötzlich die Bereitschaft zu einer gemeinschaftlichen Änderung, die doch in den Tagen nach Yvonnes Tod aus aller Munde zu hören war?! Es waren doch alle eingeladen!

Viele Nichtanwesende entschuldigten sich später mit dem Kommentar, dass ihr Kommen sowieso nichts genützt hätte, da man ja in einer so großen Gemeinschaft wie der des Johanneums doch nichts ausrichten könne. Aber es ging ja viel weniger um eine alles umfassende Veränderung als um einen Anfang dazu und zwar den Anfang bei jedem von uns selbst. Die eigene Bereitschaft seine Bequemlichkeiten und persönlichen Abneigungen zu überwinden und auf das Seelenbarometer der anderen zu achten, gegebenenfalls auch auf einen anderen zuzugehen und mit ihm über seine persönlichen Probleme zu reden.

Ich glaube, dass man für eine allgemeine Besserung des Schulklimas zwischen Schülern, zwischen Lehrern und zwischen beiden zusammen noch erkennbar viel tun kann – und muss. Doch für unser Semester ist es leider für jeden aktiven Beitrag zu spät, da wir mit dem heutigen Tag das Johanneum – zumindest physisch – und voraussichtlich für immer verlassen. Aber Sie, liebe Lehrer, Sie sind der Faktor an dieser Schulde, der bleibt! Und erlauben Sie mir, Sie von Herzen zu bitten, sofern Sie dies nicht schon tun, vor allem in den unteren Jahrgängen das gegenseitige Engagement, die Toleranz und das Verständnis füreinander mit allen nur erdenklichen Mitteln zu fördern.

Immer wieder in den letzten Jahren empfanden unsere Schulsprecher und die Vertreter der Studienstufe bei der Darlegung ihrer Schulansichten und Amtspläne Enttäuschung. Bei uns allen löste das wiederholt unerfüllte Verlangen nach Entgegenkommen seitens einer vielleicht zu bürokratisch orientierten Schulleitung Kritik und den Wunsch nach Änderung aus. Es kommt mir ein Bild von unserem letzten Schultag ins Gedächtnis: Während wir draußen auf dem Innenhof unsere Walpurgisnacht feierten, irrte Herr Dr. Bornitz von höllischen Gestalten umsprungen, in der von unserer Nebelmaschine völlig verqualmten Empfangshalle umher und schickte jeden Schüler, der sich ins Gebäude verirrte, ins willkommene Schulfrei. An diesem Beispiel und den Folgen unseres letzten Schultages wurde mir klar, wie sehr wir Herrn Dr. Bornitz immer wieder in eine Rolle hineingedrängt haben, die weder er noch wir gewollt haben! Ich hoffe, dass kommenden Jahrgängen, wenn sie in der Verwirklichung ihrer Ziele Vernunft und Verhandlungswillen zeigen, der Weg zu tragbaren Kompromissen offensteht.

Alljährlich erhitzen sich die Gemüter dieser Schule erneut an einem Problem, das mit einer unwahrscheinlichen Regelmäßigkeit den pädagogischen Grundgedanken von Schule untergräbt: Ich spreche von der Problematik des IV. Semesters. Das schriftliche Abitur ist gerade überstanden, die mündlichen Prüfungen liegen noch in weiter Ferne. Die Freude der Lehrer über trotz allem gemachte Hausaufgaben steigt von Woche zu Woche, die Pünktlichkeit lässt zu wünschen übrig und gewisse Kleinstbetriebe des tertiären Sektors in Hamburg-Winterhude haben Hochkonjunktur.

Dies ist ein Zustand, der zum einen die Lehrer belastet, die sowieso schon Probleme haben den Lehrstoff des IV. Semesters in dem viel zu kurzen Halbjahr zu schaffen; aber es belastet auch uns selbst, wie es uns die Endnoten in dem einen oder anderen Fach nur zu schmerzlich vor Augen geführt haben.

Umso verständlicher ist die Reaktion beider Seiten: Man braucht sich nur ein wenig umzuhören, um herauszubekommen, wie wir dieses Problem traditionsgemäß zu beheben versuchen. Wir schieben die Last der Schuld einfach den anderen zu: die Schüler den Lehren – die Lehrer den Schülern. Dabei liegt die Schuld hierfür viel eher an unserem Oberstufensystem als an diesen Lehrern oder jenen Schülern. Ich weiß die vielen Vorteile, die unser Oberstufensystem den Schülern der Studienstufe bietet, sehr zu schätzen. Und ich würde es niemandem meiner Nachwelt wünschen, in die „Barbarei“ früherer Zeiten zurückzusinken.

Ich bin mir aber sehr sicher, dass es Wege zu einer Linderung dieses Problems gibt, ohne dabei das System grundlegend verändern zu müssen. Das offensichtlich allzu einfache – und nichts desto minder keineswegs wirksame – Mittel wäre das Höhersetzen des Leistungsdrucks, was ja in der Mittelstufe erfolgreich eingesetzt wird. Doch würde dies zu einem so starken Abstumpfen der menschlichen Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern führen, dass dieses Mittel kaum im Interesse auch nur einer der beiden Seiten liegen kann. Wenn es überhaupt einen Weg zur Lösung gibt, so ist es der der gegenseitigen Konfrontation, in der sich Lehrer und Schüler ganz offen im Gespräch über eventuelle Lösungen auseinandersetzen.

Der heutige Tag ist Abschied und Neuanfang zugleich: Wir lösen uns los von Heimat und Sicherheit und werden wie bei jedem Loslösungsprozess um ein beträchtliches Stück selbständiger. Unsere Wege werden sich trennen: Und wir alle werden merken, wie viele Verluste uns der heutige Tag bringt.

Doch ich verlasse diese Schule guten Mutes; und wie immer, wenn man aus seiner Heimat auszieht, nimmt man gleichzeitig auch ein Stück Heimat mit sich, nämlich die Erinnerung. Es liegt nun einmal in der Natur des Menschen die kleinen Miseren mit der Zeit zu vergessen und sich nur an extreme und freudige Begebenheiten zu erinnern. Begebenheiten, die so schön waren, dass sie unseren tiefen Dank verdienen.

Mir fällt dazu die Einrichtung der Hödhütte ein. Eine spannende Erfahrung, die jeder Johanniter als Achtklässler einmal mitmacht und gleichzeitig ein Ort, wo man sich und das Skifahren kennenlernt und schon so manche tiefe Freundschaft entstanden ist.

Dann jene Orchideenfächer wie Buchkunde oder Archäologie und das große Angebot sportlicher Aktivitäten an unserer Schule. Damit auch Dank an all unsere Lehrer, die für uns da waren.

Ebenso von Herzen möchten wir unserem Hausmeister, Herrn Aeppler danken, dessen Einsatz die Großveranstaltungen am Johanneum erst möglich werden lassen und der mit bewunderungswürdiger Bereitschaft für uns eingesprungen ist, als wir nach unserem letzten Schultag nicht alles so zurücklassen konnten, wie wir es vorgefunden hatten.

Im Namen all derer, die sich musikalisch in Orchester und Chor betätigen, möchten wir uns schließlich für das Engagement bedanken, das die Musiklehrer hierfür aufgebracht haben.

All diese Erinnerungen an unsere Schulzeit und das Johanneum werden in vielen Freundschaften und persönlichen Kontakten weiterleben. Und ich hoffe, dass diese Verbindungen noch lange über den heutigen Tag hinaus halten mögen und vielleicht unsere Schulzeit am Johanneum für uns alle in einem letztendlich doch guten Licht erscheinen lassen.

Frank-Arne Knoth (abit.88)