
Heute rief mich meine Mutter an und berichtete mir, dass der Vater von einem Tag auf den anderen aufgehört habe zu sprechen. Er lese nicht mehr, wolle keine Karten mehr spielen (was er früher geliebt hat), interessiere sich noch nicht einmal mehr für seinen Ein-und-Alles-Ofen. Er muss wohl dauernd erbrechen, schläft fast den ganzen Tag …
Als ich ihn das letzte Mal sah, grinste er mich an und sagte: „Wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, dann sehe ich bald meinen Freund Jean wieder.“ (Mein Vater hat damals in Montpellier mit Jean-Paul Sartre in einer Philosophen-WG gewohnt.) „Und wenn das nur ein Märchen ist“, fuhr er fort, „dann ist es auch egal.“ Ich weiß nicht, ob er seinen Jean wiedersehen wird. Aber ich wünsche es ihm von Herzen.
Die heutige Autofahrt war gut, um mit den schönen Ausblicken ins Elzach-Tal die Seelenventile einmal durchzupusten. Denn auch, wenn ich mich schon seit Monaten darauf einstelle, dass es mit meinem Vater jeden Moment zu Ende gehen kann, ist es doch leichter darüber zu schreiben als in mir selbst eine klare Linie zu fühlen.