Empfänger unbekannt

Ich habe vor zehn Jahren mit dem Rauchen aufgehört und diesen Entschluss nie bereut. Es hat einfach viel zu viele Vorteile. Trotzdem gibt es, wenn auch selten, immer noch Momente, in denen ich mir am liebsten eine Fluppe anzünden würde. Und vorhin war wieder einer dieser Momente …

Die Firma, bei der ich seit Jahren meine Winter- und Sommerräder wechselseitig einlagere, hat wohl letzten Sommer von Ganzjahres- auf Halbjahresrechnungen umgestellt. Die im Sommer ausgestellte und an mich verschickte Rechnung kam aber bei mir nicht an, weil sie von der Post mit dem Vermerk „Empfänger unbekannt“ an den Reifenhandel zurückgeschickt wurde. Da ich dort so lange schon Kunde bin, haben sie es dann wohl noch zweimal versucht, einmal per Zahlungserinnerung und ein zweites Mal mit Mahnung, doch auch diese Briefe kamen mit dem gleichen Vermerk zurück.

Also haben sie mich als Kunden ausgemustert und meine Sommerreifen samt Felgen auf eigene Kosten entsorgt. Als ich heute dort anrief, weil ich dieses Jahr noch keine Rechnung von der Firma bekommen hätte, erfuhr ich, was passiert war und fiel aus allen Wolken. Dass Briefe ab und zu nicht ankommen, kennt ja wohl jeder. Aber wenn man von der Post einfach als unbekannt abgestempelt wird, hallo?!?! Was passiert wohl, wenn die diese Nummer auch beim Finanzamt abziehen?

Das Telefonat mit dem Geschäftsführer war lang und intensiv. Ich bin kein Freund davon, aus jedem Streit sofort einen Rechtsstreit werden zu lassen, auch wenn der Streitwert wie in diesem Fall nicht unerheblich ist. Wenn man es schafft, vernünftig und respektvoll miteinander zu reden, lassen sich die meisten Probleme auch außergerichtlich lösen. Und den Mann trifft keine Schuld, die haben dort ihre Spielregeln, die auf jeder Rechnung draufstehen: Jeder Kunde, bei dem die an ihn adressierten und unbezahlten Rechnungen von der Post zurückkommen und der sich nach drei erfolglosen Anschreiben ein halbes Jahr lang nicht meldet, wird aus der Kartei genommen und seine Reifen werden entsorgt. Punkt.

Glücklicherweise hat der Reifenhandelchef auch meinen Standpunkt eingesehen und so konnten wir uns jetzt darauf einigen, dass mir seine Werkstatt beim nächsten Reifenwechsel ganz neue Sommerreifen zum EK auf meine aktuellen Autofelgen aufzieht und ich die abgezogenen Winterreifen dann ein halbes Jahr umsonst einlagern darf. Das entspricht vom Wert her einem Drittel meines Verlustes, aber damit kann ich leben. Aber auf unseren faulen Postler bin ich immer noch sauer. Dieser selbstverliebte Vollpfosten!

Und das Schreiben tut gut.
Mein Jieper ist weg.

Bene.