Krates‘ Karawanenseminare

Wenn man einen historischen Kontext zu einem Roman verdichtet, bleibt es nicht aus, dass man immer wieder Lücken füllen muss, die in der Überlieferung fehlen. Bei Krates von Mallos wissen wir, dass er aus einer wohlhabenden und angesehenen Familie stammte und später am Museion von König Eumenes II von Pergamon wirkte. Zwischen Mallos und Pergamon liegen aber gut 1.200 km. Wie ist er denn dahin gekommen?

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Die einzige Möglichkeit, eine solche Strecke zu bewältigen, bestand vor 2.200 Jahren darin, sich immer wieder neuen Karawanen anzuschließen, die mehr oder minder große Teilstrecken der Gesamtroute zurücklegten. Und die ließen sich das natürlich gut bezahlen. Das heißt, Krates musste zuvor gut gewirtschaftet haben, um sich das überhaupt leisten zu können.

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Und so eine Entfernung legt man nicht mal eben in 3 Tagen hin. Dafür wird er Wochen, wenn nicht gar Monate lang unterwegs gewesen sein. Aber er war Philosoph und Lehrer, kein Cowboy oder Ziegenhirte. Also liegt es doch relativ nahe, dass er auf seiner Tour nach Pergamon anfing, seinen Mitreisenden Unterricht zu geben. In meiner Vorstellung versuchte es Krates mit der Geometrie, weil diese relativ einfach und mit ein paar Zeichnungen verständlich zu erklären war.

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(Aus Buch II, Kap. 12): Nachdem ihm seine Treiber beigepflichtet hatten, scharten sie sich um das Feuer, vor dem ihnen Krates in altgewohnter Manier seine Berechnungen in den Boden ritzte. Er hatte mittlerweile herausgefunden, dass die Aufnahmebereitschaft seiner Treiber stark davon abhing, wie bildhaft es ihm gelang, die Anwendungsbeispiele der Geometrie zu beschreiben. Und so erzählte er ihnen an diesem Abend in der blumigen Sprache der Karawanenführer von dem Milesier Thales, der nur mit Hilfe seines Wanderstockes die Höhe der ägyptischen Pyramiden bestimmt hatte. Krates erzählte und zeichnete, stellte methodische Fragen und dozierte solange, bis sie alle den Thalessatz begriffen hatten und vor Begeisterung applaudierten.

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Wenn man an so einer Geschichte rumfeilt, Sätze umstellt, Inhalte streicht und wieder neu schreibt, dann geistern einem viele Eindrücke durch den Kopf: Bilder, Szenen, Geräusche, Erinnerungen. Die Videovorschläge der KI von Google Gemini Pro 3 kommen dieser Phase meiner Romanentstehung sehr nahe. Aber eben bestenfalls auch nur nahe und reichen nicht im Entferntesten an die Kopfkino-Fantasie meiner Leser.

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