Die Kraft der zwei Herzen

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Heute sind mein Sohn Lennart und ich beide ein gutes Stück gewachsen. Wir hatten uns am Strand vor dem Yachthafen Glücksburg eingerichtet und wechselten uns auf der TIWAL ab. Der Wind wehte recht kräftig über die Förde, sodass es ein sehr schnelles und nasses Segeln war, dafür aber bei angenehm sommerlichen Temperaturen unter einem nahezu wolkenlosen Himnel.

Ein paar Kreuzschläge lang habe ich mir angeschaut, wie mein lieber Sohn mit der Krängung, dem Ruderdruck und den Starkwindböen klarkommt, aber dann stand mein Entschluss fest: Sein Einverständnis vorausgesetzt wollte ich ihn um die Ochseninseln schicken. Das sind 5,3 Seemeilen, davon allein 4 durch das Hauptfahrwasser der Flensburger Förde. Um das zu schaffen, muss man nicht nur segeln können, man muss auch die Schifffahrtsregeln kennen, muss navigieren und seine Kräfte richtig einsetzen können.

Bis auf den letzten Punkt war ich mir sicher, dass Lennart es schaffen konnte. Aber kann ich meinen Sohn einfach (und dann so weit alleine) loslassen? Irgendwann dachte ich muss man damit ja anfangen und auf der Förde ist so viel los, dass ihn irgendwer immer sieht, wenn ich ihm nicht mehr helfen kann.

Lennart war von dem Plan begeistert und ließ sich von mir aufmerksam wegen der Strömungen, Untiefen und besonderen Windverhältnisse entlang der dänischen Küste instruieren. Und dann stach er in See. Unerschrocken und doch voller Respekt vor den Naturgewalten.

Ich hatte mit rund 1 Stunde Fahrtzeit gerechnet, de facto waren es fast anderthalb Stunden, bis das schwarze Segel wieder in Sichtweite kam. Aber in dem Moment füllten sich unsere beiden Herzen so voll mit Stolz, das meines lieben Sohnes über den bisher längsten internationalen und selbst gesegelten Törn seines Lebens, mein eigenes hingegen, dass er es geschafft hatte, die Tour heil zu überstehen und dass ich es geschafft hatte, ihn auf diese Reise zu schicken.

Etwas mulmig wurde mir in der Tat, als ich die Fregatte der deutschen Marine sah, die mit heftigem Heckschwell die Förde Richtung Flensburg passierte und dabei Lennis Kurs kreuzte… ich sah nur das winzige Segel der TIWAL vor der riesigen grauen Wand des Kriegsschiffes, dachte mir „oh-oooh“ und betete innerlich, dass sich Lenni daran erinnerte, wie man die Wellen nehmen muss, um dem Kielwassersog zu entkommen. Hat er aber mit Bravour gemeistert, kein Grund zur Sorge.

Und als er schließlich auf den Strand zusegelte, konnte ich sein breites Siegerlächeln schon von weitem erkennen. Toll! Anschließend haben wir die TIWAL zusammengepackt und sind noch auf ein paar Kugeln Eis nach Langballigau gefahren, wo er mir alles haarklein erzählen wollte und wir noch so manches Knäuel Vater-Sohn-Seemannsgarn gesponnen haben.

Kein Wunder, dass er wieder zuhause angekommen kaum noch durch den Türrahmen passte …