
Ebenso wie wir unsere Kinder eines Tages ziehen lassen müssen, wenn sie flügge werden, ist es auch ratsam seine Projekte irgendwann loszulassen, wenn sie die Erwartungen ihres Schöpfers nicht mehr erfüllen. Mein jüngstes Projekt habe ich (auch vor euch) oft genug beworben, aber der gewünschte Erfolg blieb aus. Das ist schade und irgendwie auch unverständlich, weil die Nachfrage nach meinem Projekt eigentlich groß genug ist.
Praefinale Lichtstudie: https://grotte-di-catullo.com/lichtstudie
Zur Rekonstruktion: https://grotte-di-catullo.com/international
Denn Jahr für Jahr kommen zigtausende Italien-Reisende ans Kap von Sirmione und schauen sich dort die römischen Villen-Ruinen der sogenannten Grotte di Catullo an. Und wenn man im Internet ein bisschen recherchiert, schwappt einem schnell der allgemeine Frust entgegen, weil die alten Mauern schlecht beschildert und noch dilettantischer erklärt sind und der Besucher so gut wie keine Chance hat, die komplexe Architektur ganzheitlich zu begreifen. Dieser Frust mündet fast immer im Kauf einer lustlos bebilderten Broschüre, deren Deutsch sich liest wie eine chinesische Gebrauchsanleitung …
Mein Projekt hingegen ermöglicht es jedem Interessierten, die rekonstruierten Räume der Grotte di Catullo in einem ansprechenden Gebäudemodell zu durchschreiten. Welchen Weg die Besucher dabei nehmen, bleibt ihnen überlassen. Hier und dort finden sie ein anschauliches Video, ein Audio-Guiding oder ein paar erklärende Lesetexte, aber der größte Erkenntnisgewinn entsteht durch die räumliche Erfahrung des ungezwungenen, weil nicht vorgegebenen virtuellen Spaziergangs durch die miteinander verbundenen und mit realistischen Hintergrundgeräuschen angereicherten Panoramen.
Das Besondere, ja geradezu Einzigartige an diesem Projekt bleibt den meisten dabei verborgen, nämlich die Tatsache, dass es nahezu unmöglich ist, ein fast 7 Hektar großes Areal wie in einem Computerspiel so „begehbar“ zu machen, dass eine Besichtigung ohne Installation von jedem Smartphone, Tablet, Laptop oder Desktop-PC sofort und von überall gestartet werden kann. Die einzige Voraussetzung ist eine funktionierende Internetverbindung mit halbwegs stabilem Netz, aber die hat man ja heutzutage fast überall – selbst am Kap von Sirmione.
An diesem Rätsel, das oft einer Quadratur des Kreises glich, habe ich Jahrelang geforscht, ausprobiert und weiterentwickelt. Und das Endresultat meines Projektes kann sich sehen lassen. Durch die Aufsplitterung der Panoramen in mehrere Einzelteile muss die Grafikkarte des Endgeräts keine riesigen Datenmengen mehr laden, sondern nur noch relativ kleine hintereinandergereihte Fragmente, die anschließend vom Prozessor neu zusammengesetzt werden. Das hört sich banal an, ist es aber nicht. Denn dass große Bilder oder Videos manchmal gefühlt unendlich lange brauchen, um vollständig zu laden, kennt wohl jeder. Die normale Reaktion ist dann, dass man den Vorgang abbricht.
Bei einem gesplitteten Ladevorgang indes werden immer nur die Teile vorgeladen, die auch direkt angezeigt werden. Ähnlich wie das auch bei Youtube-Videos geschieht, bauen sich meine Panoramen – je nach Stärke der Internetverbindung – binnen 0,05 bis max. 1 Sekunde lang auf. Erst ist es ein unscharfes Graustufenbild, dann ein immer noch unscharfes großes Bild, dann schärfen sich einzelne Teile, bis sich das ganze 360 Grad Panorama in voller Schärfe zeigt. All das geht so schnell, dass man es kaum bemerkt. Würde man aber die gleiche Zeit gar nichts sehen, würde es einem dumm auffallen.
Die Verbindung von einem Panorama zum nächsten kann man sich wie einen Internet-Link vorstellen. Man klickt ihn an und es öffnet sich eine neue Seite. Innerhalb des Projektrahmens öffnet sich jedoch beim Anklicken einer Panoramen-Verknüpfung keine neue Seite, sondern das vorhandene Bild slidet nur in ein neues über. Und damit dabei der Eindruck einer Bewegung entsteht, habe ich einen leichten Zoom-Effekt eingebaut, der das Folgebild etwas vergrößert.
Da alle 360 Grad-Panoramen innerhalb eines großen CAD-Modells aufgenommen wurden, war es mir möglich, die Blick- und Klickrichtungen einzelner Panoramen mit denen anderer Panoramen in Deckung zu bringen. Wenn man also im Panorama zum Beispiel auf dem obersten Treppenabsatz steht und den im Bild untersten Treppenabsatz anvisiert, schaut man quasi nach unten. Klickt man sich dorthin, werden im unteren Panorama alle Dinge des oberen Panoramas so angezeigt, als befänden sie sich tatsächlich über einem. Dieser räumliche Trick lässt sich auf allen drei Richtungsachsen wiederholen und suggeriert einen sinnlich dreidimensional wahrnehmbaren Raum.
Ich mag mich täuschen, aber ein solches archäologisches Projekt ist mir bislang noch nie begegnet. Es gibt einige 3D-Projekte, für die man sich anmelden muss, um sie dann ausschließlich am PC betrachten zu können. Für andere muss man eine Software installieren oder sehr viel Geld zahlen. Die meisten dieser Projekte aber scheitern ganz einfach daran, dass sich ihre Urheber verzetteln und ihre Unternehmung irgendwann unvollendet liegen bleibt.
Aber das, wie gesagt, soll mir nicht passieren. Und deshalb seid Ihr alle herzlich eingeladen, mein Projekt zur Rekonstruktion der Grotte di Catullo zu besuchen. Es ist jetzt frei und für jederman kostenlos zugänglich. Über ein Feedback würde ich mich natürlich trotzdem freuen!
Praefinale Lichtstudie: https://grotte-di-catullo.com/lichtstudie
Zur fertigen Rekonstruktion: https://grotte-di-catullo.com/international